662. Werde munter, mein gemüte

1 Werde munter mein gemüthe,
Und ihr sinnen geht herfür,
Daß ihr preiset Gottes güte,
Die er hat gethan an mir,
Da er mich den ganzen tag
Für so mancher schweren plag
Hat erhalten und bedecket,
Daß kein unfall mich erschrecket.

2 Lob und dank sei dir gesungen,
Vater der barmherzigkeit,
Daß mir ist mein werk gelungen,
Daß du mich vor allem leid,
Und vor sünden mancher art
So getreulich hast bewahrt,
Auch die feinde weggetrieben,
Daß ich umbeschädigt blieben.

3 Keine klugheit kan ausrechnen
Deine güt und wunderthat,
Ja, kein redner kan aussprechen,
Was dein hand erwiesen hat,
Deiner wohlthat ist zu viel,
Sie hat weder maaß noch ziel,
Ja! du hast mich so geführet,
Daß kein unfall mich berühret.

4 Dieser tag ist nun vergangen,
Die betrübte nacht bricht an,
Es ist hin der sonnen prangen,
So uns all erfreuen kan.
Stehe mir, o Vater, bey,
Daß dein glanz stets vor mir sey,
Und mein kaltes herz erhitze,
Wenn ich gleich im finstern sitze.

5 Herr, verzeihe mir aus gnaden
Alle sünd und missethat,
Die mein armes herz beladen
Und so gar vergiftet hat,
Daß auch satan durch sein spiel
Mich zur höllen stürzen will:
Da kanst mich allein erretten,
Strafe nicht mein übertreten.

6 Bin ich gleich von dir gewichen,
Stell ich mich doch wieder ein,
Hat mich doch dein Sohn verglichen
Durch sein angst und todespein.
Ich verläugne nicht die schuld,
Aber deine gnad und huld
Ist viel grösser als die sünde,
Die ich stets in mir empfinde.

7 O du licht der frommen seelen,
O du glanz der ewigkeit,
Dir will ich mich ganz befehlen
Diese nacht und allezeit.
Bleibe doch, mein Gott, bey mir,
Weil es nunmehr dunkel hier,
Da ich mich so sehr betrübe,
Tröste mich mit deiner liebe.

8 Schütze mich vors teufels netzen,
Vor der macht der finsterniß,
Die mir manche nacht zusetzen,
Und erzeigen viel verdrieß;
Hilf mir, jesus, wahres licht,
Daß ich dich verliere nicht,
Wenn ich dich nur hab im herzen,
Fühl ich nicht der seelen schmerzen.

9 Wenn das augen schon sich schliessen
Und ermüdet schlafet ein,
Denn laß doch mein herz geflissen
Nur auf dich gerichtet seyn.
Meiner seelen mit begier,
Träume stets, o Gott, von dir,
Daß ich fest an dir bekleibe,
Und kein feind mich vor dir treibe.

10 Laß mich diese nacht empfinden
Eine sanft und süsse ruh,
Alles übel laß verschwinden,
Decke mich mit segen zu;
Leib und seele, muth und blut,
Weib und kinder, haab und gut,
Freunde, feind und hausgenossen
Sind in deinen schutz geschlossen.

11 Ach, bewahre mich vor schrecken,
Schütze mich vor überfall,
Laß mich krankheit nicht aufwecken,
Treibe weg des krieges-schall:
Wend ab feur und wassersnoth,
Pestilenz und schnellen tod:
Laß mich nichtin sünden sterben,
Noch an leib und seel verderben.

12 O, du grosser Godtt, erhöre,
Was dein kind gebeten hat:
Jesu! den ich stets verehre,
Bleibe ja mein schutz und rath,
Und mein Hort, du werther Geist,
Der du freund und tröster heißt,
Höre doch mein sehnlich flehen;
Amen, ja, es soll geschehen.

Text Information
First Line: Werde munter, mein gemüte
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Abend-Lieder; Evening Songs
Tune Information
(No tune information)



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