220. Ich will von meiner missethat

1. Ich will von meiner missethat
Zum Herren mich bekehren.
Du wollest selbst mir hülf' und rath
Hierzu, o Gott! bescheren,
Und deines guten Geistes kraft,
Der neue herzen in uns schafft,
Aus gnaden mir gewähren.

2. Natürlich kann ein mensch doch nicht
Sein elend selbst empfinden,
Er ist ohn' deines Geistes licht
Blind, taub und todt in sünden,
Verkahrt ist will', verstand und thun;
Des großen jammers komm, mich nun,
O Vater! zu entbinden.

3. Klopf' durch erkenntniß bei mir an,
Und führ' mir wohl zu sinnen,
Was böses ich vor dir gethan,
Du kannst mein herz gewinnen,
Daß ich aus kummer und beschwer
Laß über meine wangen her
Viel heiße thränen rinnen.

4. Wie hast du doch auf mich gewandt
Den reichthum deiner gnaden!
Mein leben dank' ich deiner hand,
Die hat mich überladen
Mit ruh', gesundheit ehr' und brod:
Du machst, daß mir noch keine noth
Bis hieher können schaden.

5. Hast auch in Christo mich erwählt,
Tief aus der höllen fluthen,
Daß niemals mir es hat gefehlt
An irgend einem guten;
Und daß ich ja dein eigen sei,
Hast du mich auch aus großer treu'
Gestaupt mit Vaters ruthen.

6. Wer gibt den kindern, was du mir
Gegeben zu genießen?
Schenk' aber ich gehorsam dir?
Das zeuget mein gewissen,
Mein herz, in welchem nichts gesund,
Das tausend sündenwürme wund
Bis auf den tod gebissen.

7. Die thorheit meiner jungen jahr',
Und alle schnöde sachen,
Verklagen mich zu offenbar,
Was soll ich armer machen!
Sie stellen, Herr! mir vor's gesicht
Dein unerträglich zorngesicht,
Und off'nen höllenrachen.

8. Ach! meine gräuel allzumal
Schäm' ich mich zu bekennen,
Es ist ihr'r weder maaß noch azhl,
Ich weiß sie nicht zu nennen,
Und ist ihr'r keiner noch so klein,
Um welches willen nicht allein
Ich ewig müßte brennen.

9. Bisher hab' ich in sicherheit
Fein unbesorgt geschlafen,
Gesagt: es hat noch lange zeit,
Gott pflegt nicht bald zu strafen;
Er fähret nicht mit unsrer schuld,
So strenge fort, es hat geduld
Der hirt mit seinen schafen.

10. Dies alles jetzt zugleich erwacht,
Mein herz will mir zerspringen,
Ich sehe deines donners macht,
Dein feuer auf mich dringen:
Du regest wider mich zugleich
Des satans und der höllen reich,
Die wollen mich verschlingen.

11. Die mich verfolgt, die große noth
Fährt schnell ohn' zaum und zügel.
Wo flieh' ich hin? du morgenroth,
Ertheil' mir deine flügel
Verbirge mich du fernes meer!
Stürzt doch herab, fallt auf mich her,
Ihr klippen, berg' und hügel.

12. Ach! nur umsonst, und könnt' ich auch
Bis in den himmel steigen,
Und wieder in der höllen bauch,
Mich zu verkriechen neigen;
Dein auge dringt durch alles sich,
Du wirst da meine schand' und mich
Der lichten sonne zeigen.

13. Herr Jesu! nimm mich zu dir ein,
Ich flieh' in deine wunden,
Die du, o Heiland! wegen mein
Am kreuze hast empfunden,
Als unser aller sündenmüh'
Dir, o du Gotteslamm! ward, sie
Zu tragen, aufgebunden.

14. Wasch' mich durch deinen todesschweiß
Und purpurrothes leiden,
Und laß mich sauber sein und weiß,
Durch deiner unschuld seiden.
Von wegen deiner kreuzeslast
Erquick', was du zermalmet hast,
Mit deines trostes freuden.

15. So angethan, will ich mich hin
Vor deinen Vater machen,
Ich weiß, er lenket seinen sinn,
Und schaffet rath mir schwachen;
Er weiß, was fleisches lust und welt,
Und satan uns für netze stellt,
Die uns zu stürzen wachen.

16. Wie werd' ich mich mein lebenlang
Vor solcher plage scheuen,
Durch deines guten Geistes zwang,
Den du mir woll'st verleihen,
Daß der von aller sündenlist,
Und dem, was dir zuwider ist,
Helf' ewig mich befreien.

Text Information
First Line: Ich will von meiner missethat
Author: Johann Angelus (1677)
Author: Luise Henriette, Kurfürstin v. Brandenburg (1667)
Language: German
Publication Date: 1862
Topic: Buß=und Beicht-Lieder
Notes: Mel. Es ist gewißlich an der Zeit. 47.
Tune Information
(No tune information)



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