583. Ein Jahr geht nach dem andern hin

1 Ein Jahr geht nach dem andern hin,
der Ewigkeit entgegen.
Ach! möchte doch der träge Sinn
dies fleitziger erwägen.
Ach brächte doch ein jedes Jahr
viel neue gute Früchte dar!

2 Allein, wo ist, wo ist die Frucht,
die wir bisher getragen?
wir oft hat Gott umsonst gesucht,
wie hat er müssen klagen!
Es that ihm weh, wenn seine Hand,
anstatt der Frucht nur Blätter sand.

3 Haut ab, spricht er, den kahlen Baum,
der keine Früchte träget!
Was nimmt er andern Saft und Raum?
Komm, Tod! der Alles schläget,
komm, leg die Art der Wurzel an,
thu einen Streich, so ist's gethan.

4 Allein der freue Heiland spricht:
Laß ihn dies Jahr noch stehen!
Trägt er noch keine Früchte nicht,
ich hoff sie noch zu sehen.
Ach! hat des strengen Urtheils Lauf
doch dies Jahr noch, mein Vater, auf.

5 So gieb denn, lieber Heiland!
Kraft, dies Jahr viel Frucht zu bringen.
Ach, laß doch deines Geistes Saft
in unsre Zweige bringen.
Schütt auch auf unsrer Eltern Haus
viel Gnade, Kraft und Segen aus.

Text Information
First Line: Ein Jahr geht nach dem andern hin
Author: J. J. Rambach, 1693-1735
Language: German
Publication Date: 1872
Topic: Neujahrslieder; New Years Songs
Notes: Mel. Mach's mit mir, Gott, nach
Tune Information
(No tune information)



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