1 Es ist noch eine ruh vorhanden;
auf, müdes Hera, und weide Licht!
Du seufzest heir in deinen Banden,
und deine sonne scheinet nicht.
Sieh auf das Lamm, das dich mit Freuden
dort wird vor seinem Stuhlen weiden;
wirf hin die Last und eile herzu.
Bald ist der heiße Kampf geendet,
bald, bald der saure lauf vollendet;
so gehst du ein zu deiner Ruh.
2 Die Ruhe hat Gott auserkoren,
die Ruhe, die kein Ende nimmt.
Es hat, da noch kein Mensch geboren,
die Liebe sie uns so bestimmt.
Das Gotteslamm wollt darum sterben,
und diese Ruhe zu erwerben;
es ruft, es locket weit und breit:
Ihr müden Seelen und ihr Frommen,
versäumet nicht, heut einzukommen
zu meiner ruhe Lieblichkeit!
3 So kommet denn, ihr matten Seelen,
die manche Last und Bürde drückt.
Eilt, eilt aus euren Kummerhöhlen,
geht nicht mehr müde und gebückt.
Ihr habt des Tages Last getragen;
dafür läßt euch der Heiland sagen:
Ich selbst will eure Ruhstatt sein.
Ihr seid sein Volk gezeugt von oben;
ob Sünde, Welt und Teufel toben,
seid nur getrost und gebet ein.
4 Was mag wohl einen Kranken laben
und einen müden Wandersmann?
wo jener nur ein Bettlein haben
und sanfte darauf ruhen kann;
wenn dieser sich darf niedersetzen,
an einem Frischen Trunk ergötzen:
wie sind sie beide dann vergnügt.
Doch dies sind kurze Ruhestunden:
es wird noch eine ruh gefunden,
da man auf ewig stille liegt.
5 Da wird man Freudengarben bringen;
denn unsre Thränensaat ist aus.
O welch ein Jubel wird erklingen
und süßer Ton in's Vaters Haus.
Schmerz, Seufzen, leid, Tod und dergleichen
wird müsse fliehn und von uns weichen.
Wir werden auch das Lämmlein sehn.
Es wird dem Brünnlein uns erfrischen,
die Thränen von den Augen wischen:
wer weis was sonst noch soll geschehn?
6 Kein Durst noch Hunger wird uns schwächen;
denn die Erquickungszeit ist da.
Die Sonne wird uns nicht mehr stechen;
das Lamm selbst über ihnen wohnen
und ihre Treue wohl belohnen
mit Licht und Trost, mit Ehr und Preis.
Es werden die Gebeine grünen.
Die groß≈e Sabbath ist erschienen,
da mein von keiner Arbeit weiß.
7 Du ruhen wir, und sind im Frieden,
und leben ewig sorgenlos.
Ach, fasset dieses Wort, ihr Müden,
legt euch dein Lamm in seinen Schooß.
Ach! Flügel her, wir müssen eilen,
und uns nicht länger hier verweilen:
dort wartet schon die frohe Schaar.
Fort, fort, mein Geist, zum Jubiliren.
Begürte dich zum Triumphiren.
Auf, auf, es kommt das Ruhejahr!
Text Information | |
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First Line: | Es ist noch eine Ruh vorhanden |
Author: | J. S. Kunth, 1700-1779 |
Language: | German |
Publication Date: | 1872 |
Topic: | Sterbe- und Begräbnißlieder; Death and Funeral Songs |
Notes: | Mel. Wie wohl ist mir. |