406. Nein, dennoch must du drum nicht ganz

1 Nein, dennoch must du drum nicht ganz
In traurigkeit vergehen;
gott wird dir seinen gnaden-glanz
Schon wieder lassen sehen.
Steh in geduld, wart in der still,
Und laß Gott machen wie er will,
Er kans nicht böse machen.

2 Dis ist ja nicht das erste mal,
Daß wir betrübet werden;
Was haben wir für nagst und quaal,
Bisher gehabt auf erden!
Wir sind wohl mehr so hoch gekränkt,
Und doch hat Gott uns drauf geschenkt
Ein stündlein voller freuden.

3 So ist auch Gottes meinung nicht,
Wenn er uns unglück sendet,
Als solte nun sein angesicht
Ganz von uns seyn gewendet:
Nein, sondern diese ist sein rath,
Daß der, so ihn verlassen hat,
Durchs unglück wiederkehre.

4 Denn das ist unsers fleisches muth,
Wenn wir in freuden leben,
Daß wir denn unserm höchsten gut
Am ersten urlaub geben:
wir sind von erd, und halten werth
Vielmehr was hier auf dieser erd,
Als was im himmel wohnet.

5 Drum fährt uns Gott durch unsern sinn,
Und läßt uns weh geschehen:
Er nimmt oft was uns lieb, dahin,
Damit wir aufwärts sehen,
Und uns zu seiner güt und macht,
Die wir bisher nicht groß geacht
Als kinder wieder finden.

6 Thun wir nun das, ist er bereit,
Uns wieder anzunehmen,
Macht aus dem leide lauter freud,
Und lachen aus dem grämen:
Und ist ihm das gar schlechte kunst.
Wen er umpfängt mit lieb und gunst,
Dem ist geschwind geholfen.

7 Drum falle, du betrübtes heer!
In demuth vor ihm nieder,
Sprich: Herr! wir geben dir die ehr,
Ach nim uns sünder wider
In deine gnade; reizs die last,
Die du uns aufgeleget hast,
Hinweg: heil unsern schaden.

8 Denn gnade gehet doch für recht,
Zorn muß der liebe weichen,
Gott pflegt dem hart gedrückten knecht
Bald seine huld zu reichen:
Dis ist die hand, di uns erhält,
Wo wir die lassenbricht und fällt
All unser thun in hausen.

9 An Gottes true halte dich,
Sey ohne furcht und schrecken,
Er suchet dich stets väterlich
Mit seiner huld zu decken:
Vertraue seinem gnaden-wort;
Es lehre dich, wie du hier und dort
Konst froh und glücklich werden.

10 So darfst du auch an seiner kraft
Gar keinen zweifel haben,
Wer ists, der alle dinge schafft?
Wer theils aus alle gaben?
Gott thuts, und das ist auch der mann,
Der rath und that erfinden kan,
Wenn jederman verzaget.

11 Deucht dir die hülf unmöglich oft,
So solst du nicht verzagen;
Er eilt und hilft uns unverhofft,
Von allen unsern klagen:
Er heisset rath und wunderbar:
Es kan von uns kein einzig haar
Ohn seinen willen fallen.

Text Information
First Line: Nein, dennoch must du drum nicht ganz
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom Creutz und Leiden; Of the Cross and Suffering
Notes: Mel. Herr Jesu Christ! du.
Tune Information
(No tune information)



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