474. Wie wohl ist mir, ich bin nunmehr entbunden

1 Wie wohl ist mir, ich bin nunmehr entbunden
von aller sünd durch Christi blut und wunden!
Was ich gesucht so lange mit begier,
Das ist mir nun durch Christi tod gegeben,
Weil der unsterbliche selbst worden ist mein leben,
Daß mich hinfort kein tod berüht:
Wie wohl ist mir.

2 O grosse freud' die mich mit lust umhüllet,
Dennoch sein will vom Vater ist erfüllet,
Das, wo er ist, ich sey auch allezeit,
In reinem himmels-glanz mit anzusehen,
Wo so viel tausende der heil'gen engel stehen,
Und schauen seine herrlichkeit,
In grosser freud.

3 Ich bin vergnügt! denn dieser erden sachen,
Mit schön sie sind, die kan ich frey verlachen:
Nichst ird'sches ist, das main gemüthe besiegt.
Ich kan mich keinem menschen mehr vertrauen,
Mein auge das will nur, was himmlisch-ist, beschauen,
Und was des Vaters wille fügt,
Macht mich vergnügt.

4 Er ist mien hert, er weider meine seele
Mit lebens-brodt, mit freuden-wein und öhle,
Auf grünet au werd ich von ihm geführt.
Mich kan kein glück noch unfall mehr erschrecken,
Denn Jesus Christus ist bey mir, mein stab und stecken,
Ich weiß, das mir nichts mangeln wird.
Er ist mein hirt.

5 Ich geh und steh, so bist du mein begietter,
Du machst vor mir die finsternissen better,
Daß ich in deinem licht das lichts erfeh.
Des dank ich dir, du reine lebens-quelle!
Das du verwehrt, daß mich ein böser fall nicht fälle,
Und daß ohn schmerzen, angst und weh
Ich geh und steh.

6 O aüsse ruh! es mage in unruh bleiben,
Wer sich mit sorg läßt von der welt umtreiben:
Ich wähle mir nicht solche lust wie du,
Du tolle welt! ich hab was bessers funden:
Ich bin, o gluck! an Jesu sanftes joch gebunden,
Und lebe dennoch immerzu
In süsset ruh.

7 Ich sclafe sanft, wenn mich mein Jesus beget,
Und meinem haupt die linke unterleget,
Denn herzer mich die rechte gar gewiß?
Ich spür, ich schlaf, wie er mit leibe-kosen
Mich stets erquickt, er freut mit lilien und rosen:
Weil ich so stolzer ruh genieß,
So schlaf ich süß.

8 Wenn ich erwach, bin ich ganz unverrücket
Bey dir, meine Herr! o daß ich so entzücket
Dich halten möcht stets unter meinem dach,
Daß ich dich allzeit fände bey mir stehen.
Laß liebster bräut'gam! mein verlangen doch geschehen,
Auf daß ich freudig dich anlach,
Wenn ich erwach.

9 Ich sterbe nicht, nein, nein, ich werde leben,
Und deine treue ewig froh erheben;
Ich glaub an dich, und komm nicht ins gericht;
Und weil du hast den tod schon längst verschlungen.
So bin ich gleichfalls auch zum leben durchgedrungen.
Ich leb und glaub an dich, mein licht!
Ich sterbe nicht.

10 So leb ich fort, und kan nun nimmer sterben,
Denn du erlös'st mein leben vom verderben,
Bis du mich gar hinführest an den ort,
Wo ich mich überkleidet werde sehen
Wenn ich als himmelsbraut, in Zion werd eingehen,
Auf daß ich ewig bleibe dort,
Und lebe fort.

11 Dort führest du, mein Heil, die auserwählten,
Die nur genannt sind deine neu-vermählten,
Zur hochzeit, die du selber hast bereit;
Dort wo der strom crystalner wasser fliesset,
Dort ist es, wo das leiden selber wird versüsset,
Dort lebt die braut voll lust in alle ewigkeit

12 Es bleibt dabey, ich will dich ewig laben,
Wennn ich in jener neuen stadt dort oben
Verlärt anschauen werd' dich eins und drey,
Ja, ja, ich glaub, ies wird nun bald geschehen,
Daß ich Jehovah dich soll loben, preisen, sehen,
Weil ich von allen banden frey.
Es bleibt dabey.

Text Information
First Line: Wie wohl ist mir, ich bin nunmehr entbunden
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Von der Rechtfertigung und dem daher entstehenden Frieden; Justification and the Resulting Peace
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