81. Fließt, ihr augen, fließt von thränen

1 Fließt, ihr augen, fließt von thränen,
Und beweinet eure schuld:
Brich, mein herz, von seufzen sehnen,
Weil ein Lämmlein, in geduld
Nach Jerusa em zum tod,
Ach zum tod! f¨r deine noth,
Und der ganzen welt, himmandelt;
Denk, Ach! wie hast du gehandelt?

2 Es soll nun vollendet werden,
Was davon geschrieben ist,
Und warum auf diese erden,
Ist gekommen Jesus Christ:
Schauet nun des Höchsten Sohn
In dem leiden schmach und hohn,
In den wunden, in den schmerzen,
Und nehmt alles wohl zu herzen.

3 Es wird in der sünder hände
Ueberliefert Gottes Lamm,
Daß sich dein verderben wende!
Jud und heiden find ihm gramm
Und verwerfen deisen Stein,
Der ihr eckstein solte seyn;
Ach! diß leidet der gerechte
Für die bösen jündenknechte.

4 Jesus steht in strick und banden,
Dessen hand die welt gemacht,
Bey verachtung, spott und schanden
Und wird höhnisch ausgelacht:
Backenüreich und fänstenschlag,
Jud und feiden grim und rath
Duldet et für deint sünden;
Wer kan solche liebe ergründen?

5 Laß es dir zu herzen gehen,
Besste und bekehre dich:
Wer kan diese that ansehen,
Daß man nicht bewege sich?
Jesus steht an unsrer statt;
Was der mensch verdienet hat,
Büsset Jesus und erduldet,
Was der sünder hat verschuldet.

6 Er hält weinen heilgen rücken
Geissel, ruth und peitschen dar:
Wer kan diß ohn reu erbilcken?
Wenn die rohen Juden-schaar
Hand anlegt an Gottes-bild,
Das so freundlich, fromm und mild,
Und doch nackend wird gebauen;
Wer kan solchen greul auschauen?

7 Also solt man dir begegnen,
Du verruchtes menschen-herz:
Über nun kommt, dich zu segnen,
Und zu tragen deinen schmer,
Jesus, und entblöset sich,
Und wird dort so jämmerlich
Abgestraft, verspent, zerschlagen,
Daß kein maaß noch ziel der plagen.

8 Endlich wird der schluß gesprochen,
Jesus muß zum tode gehn,
Und der stah wird abgebrochen,
Es hilft hie kein bitten, stehn,
Barrabas wird los gezählt.
Jesus wird zum creutz erwählt:
Weg mit diesem, dem verfluchten!
Ruft der hause der verruchten.

9 Folge denn zur schädeistätte
Deinem Jesu traurig nach;
Aber auf dem wege bete,
Bet' im geist mit weh und ach,
Daß der Vater auf sein kind,
Als den Bürgen für die sünd,
Gehen will, und sich erbarmein
Ueber dich elend und armen!

10 Muß ich, Jesu, dich den sehen
Um verfluchten creutes-pfahl,
Ach! so laß ich übergehen
Meine thränen ohne zahl.
Ach! erbarm dich! weil dein leiden
Mir gedeyen soll zur freuden.

11 Ich will dir ein opfet gehen,
Seel und leib ist meine gab;
Jesu nim diß arme leben,
Weil ich ja nichst bessers hab:
Tödt in mir, was dir mißfällt,
Leb in mir auf dieser welt;
Laß mich mir dir leben, sterben,
Und dein rich im himmel erden.

12 Tausendmal sey dir gefungen,
Liebster Jesu, preis und ruhm,
Daß du höll und tod bezwungen;
Nun bin ich dein eigenthum,
Und du meine freud und wonn:
Möcht ich dich, o schönste sonn,
Bald in deiner krone sehen!
Komm, dein leiden ist geschehen.

Text Information
First Line: Fließt, ihr augen, fließt von thränen
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Passions-Gesange; Passion Songs
Tune Information
(No tune information)



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