1 Komm, kind der nacht, das gern im dunkeln wandelt,
Und wider sein gewissen gottlos handelt;
Kommt alle, die ihr noch daqs finstre liebet,
Und sünden über.
2 Seht eine nacht, in welcher tausend schrecken
Den allergrösten held mit angst bedecken;
Die nacht in welcher Judas frevelthaten
Den Herrn veerrathen.
3 mein Jesus zietert, Jesus sinkt ins zagen,
Und ist vom tiesen trauten so zerschlagen,
Daß todesschatten seinen geist beklemmen
Und überschwemmen.
4 Kan denn kein mensch, Herr diene noth verringern?
Doch nein; du scheidest dich von deinen jüngern.
Du solst und wilst die ganze welt vom bösen
Allein erlösen.
5 Dort sinkt mein lamm, und kniet und fällt zur erden,
Sollst du, o könig, so erniedrigt werden?
Was dringt dein angesicht, vor ziesem schrecken,
Den staub zu lecken?
6 Du schreyst und bebest mit gehäusten thränen,
Wie sünder die sich nach erbarmung sehne;
Du sinkst, und scheinst, bey dieses kelches trinken,
Gar zu versinken.
7 Will denn dein Gott nun nicht mehr nach dir blicken?
Und darf dich kaum ein engel noch erquicken?
Seht, wie ein wurm muß sich mein Goel krümmen,
Im jammer schwimmen.
8 Ach! seht das leben mit dem tode ringen!
Denn wer kan sonst den ew'gen tod bezwingen?
Wahrhaftig ihn ergreift an meiner stelle
Die glut der hölle.
9 Er schmeckt im leiden aller menschen plagen,
Was einst verdammte sünder ewig tragen,
Das trifft mit unbergreislich helffen flammen
Ihn hier zjsammen.
10 O angst, de ihres gleichen nie gefunden!
Du machst dem Lamm die allertifsten wunden.
Er muß des Vaters abscheu an de sünden
Im zorn empfinden.
11 Furcht, quaal und bangigkeit verstärkt sein bitten,
Geschrey und thränen bestig auszuschütten,
Auf aller leibs- und seelen-kraft zu beten,
Mich zu vertreten.
12 So ringt und bringt der tod in seinem herzen
Die seelen-arbeit, mattigkeit und schmerzen,
Bis fleisch und adern unnatürlich schwitzen,
Und blut verspritzen.
13 O angst und schweiß von unerhörter weise!
Ach allzurheut erworben seelenspeist!
Dis blut das mir zur seligkeit geflossen,
Hat Gott vergossen.
14 Es fällt, wohin? auf die verfluchte erde,
Daß grund und boden ausgesöhnet werde.
Ach süsser thau! o tropfen voller segen!
Du G¨ldner regen!
15 Wer will denn nun die welt vermaledeyen,
Wenn Christi schweiß und blut um gnade schreyen?
Die erde soll durch dieses fette thauen
Sich blühend schauen.
16 Du aber, der du rauhe disteln trägest,
Und keinen trieb zu edlen früchten hegest,
Bedenke: welch ein fluch wird solcher erden
Am ende werden!
17 Muß Gottes Lamm so unbegreislich zittern;
Mensch, welch ein donnerschlag wird dich erschüttern!
Wenn das: gebt hin verfluchte! dir begegnet,
Und flammen regnet.
18 Erschrick einmal, und sinke bis zum staube,
Denn in zetschlagnen herzen wüachst der glaube,
Der glaube der die sünde heftig scheuet,
Beweint, bereuet.
19 So wird dich schweiß und blut von Jesu netzen,
Und dinen geist ins paradies versetzen.
so werden, diese tropfen schon auf erden
Dein himmel werden.
20 Ich aber, Lamm, ich öfne meine lippen.
Mir eckelt vor den eitlen luftgeripppen,
Dein schweiß und blut soll mich bis zum begraben
Unendlich laben.
First Line: | Komm, Kind der Nacht, das gern in Dunkeln wandelt |
Author: | Ernst Gottlieb Woltersdorf |
Language: | German |
Copyright: | Public Domain |