O Blindheit, bin ich denn der Welt

O Blindheit, bin ich denn der Welt

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Representative Text

1 O blindheit! bin ich denn der welt
Zu dienen nur erschaffen,
Und hat mein Schöpfer mich bestellt
Daß ich soll emsig gaffen
Nach eitlem gut,
Und meinen muth
Auf solche thorheit setzet,
Die leichtlich kan
Den klügsten mann
An leib und seel verletzen.

2 Mein Gott1 erschaffen hast du mich
Zu deinem freuden-leben,
Das weiß und glaub ich vestiglich,
Doch kan ich nicht erheben
Mein herz zu dir
Und für und für
Nach solchem leben trachten;
Es ist mir leid,
Daß in der ziet
Ich dieses nich kan achten.

3 Laß fleisches, welt, und augen-lust
In mir nicht länger walten,
Ein bessers ist mir ja bewust,
Daran ich mich soll halten.
Laß meinen sinn
Sich schwingen hin
Zu dir, mit freud und wonne;
Du bist meine licht
Und zuversicht
Ja meiner seelen sonne.

4 O Vater! laß dein schwaches kind
Stets deine liebe suchen,
Welt ist nur dampf, welt ist nur wind,
Die welt will ich verfluchen.
Dein unterthan,
Lauf in der bahn,
Zu dienen seinem fürsten.
Es soll fürwahr
Mich immerdar
Nach deiner gnade dürsten.

5 Wenn creutz und trübsal kommt heran,
So laß mich nicht verzagen;
Dein wort ists, das mich trösten kan
Und hilft meine elend tragen.
Ich weiß ja wohl,
Wie daß ich soll
Mit dir, Herr, ewig leben,
Solt ich denn nicht,
O du mien licht!
Nach solcher wohlfahrt streben?

6 Was ist doch alles creutz und noth?
Was ist doch alles leiden?
Was herzens angst, was gar der tod?
Was schnell und traurig scheiden?
Wenn ich nur mag
Den grossen tag
Der herrlichkeit bedenken,
Und aus der welt
Ins himmelszeit,
Zu Zions stadt mich lenken.

7 O schönste stadt, o Gotteshaus!
O haus voll freud und wonne,
Ich wünsch aus dieser welt hinaus,
Das ich die freuden-sonne,
Das klare licht
Und angesicht
Des Allerhöchsten schaue,
Ja, daß ich mich Herzinniglich,
Mit meinem Gott vertraue.

8 Ach! ach! wenn wird mein bräutigam
Mich einmal kommen heissen?
Wenn wird er mich aus diesem schlamm,
Und eiteln leben reissen?
Wenn werd ich doch
Dis schwere joch
Von menen schultern legen?
Wenn leuchtet mir
Doch bald herfür
Des himmels freud und segen?

9 Wenn soll ich doch dein angesicht,
O liebster Jesu, sehen?
Wenn werd ich einst in deinem licht,
O licht der seelen, stehen?
Du lieblichs bild,
Treu, fromm, und mild,
Wenn werd ich aufgenommen,
Daß aus der zeit
Zur ewigkeit
Ich schleunig möge kommen.

10 Was irr ich hier im jammerthal,
In diesem fremden lande,
Ja, leib' hieselbst so manche quaal,
So manchen spott und schande:
Ich will heraus
Des Vaters haus
Kan ich zur wohnung haben;
Ja dieser ort
Wird mich hinfort,
Mit höchster wollust laben.

11 O möchst ich armer doch, befreyt
Von aller angst und schrecken,
Dein unaussprechlich herrlichkeit
In jenem leben schmecken.
O süsse kraft,
O lebens-fast!
Wenn werd ich dich empfinden,
Laß mich die welt, Doch als ein held
Ganz siegriech überwinden.

12 O schönste stadt, o klares licht,
O süssigkeit ohn ende,
O freud, o fried, o zuversicht!
Ergreif mich doch behende;
Laß mich von hier,
Du schönste zier,
Zur herrlichkeit bald scheiden;
Denn ich bin dein,
Un du bist mein:
Drauf fahr ich hin mit freuden.



Source: Erbauliche Lieder-Sammlung: zum gottestdienstlichen Gebrauch in den Vereinigten Evangelische-Lutherischen Gemeinen in Pennsylvanien und den benachbarten Staaten (Die Achte verm. ... Aufl.) #629

Text Information

First Line: O Blindheit, bin ich denn der Welt
Language: German
Copyright: Public Domain

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Erbauliche Lieder-Sammlung #629

Vollständiges Marburger Gesang-Buch, zur Uebung der Gottseligkeit ... #d413

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