196. Zween der Jünger gehn mit Sehnen

1 Zween der Jünger gehn mit Sehnen
über Feld nach Emmahus;
ihre Augen sind voll Thränen,
ihre Seele voll Verdruß,
man hört ihre Klageworte;
doch es ist von ihrem Orte
unser Jesus gar nicht weit
und vertreibt die Traurigkeit.

2 Ach, es gehn noch manche Herzen
ihrem stillen Kummer nach;
sie bejammern ihre Schmerzen,
ihre Noth und Ungemach.
Manches wandert gar alleine,
daß es nur zur G'nüge weine:
doch mein Jesus ist dabei,
fragt, was man so traurig sei?

3 Wenn zwei Seelen sich besprechen,
so ist er der dritte Mann;
er bemerket die Gebrechen,
redet, was uns trösten kann.
Denn er kann uns nicht versäumen,
wie wir glaubenslos oft träumen:
er hat Alles im Gesicht,
seine Treu verläßt uns nicht.

4 Jesus ist mir nachgegangen,
wenn ich meiner Eitelkeit
und der Sünde nachgehangen;
o, der unglückselgen Zeit,
die man dergestalt verloren!
Doch er hat mich neu geboren,
Jesus hat an mich gedacht
und das Schäflein wieder bracht.

5 Hat sich eine Noth gefunden,
so ließ er mich nicht allein:
Jesus stellt zur rechten
Stunden sich mit seinem Beistand ein.
Wenn ich mich bei ihm beschwere,
gleich als ob er ferne wäre,
o so ist er mehr als nah
und mit seiner Hülfe da.

6 Troster Freund von allen Freunden!
bleibe ferner noch bei mir.
Kommt die Welt, mich anzufeinden:
ach, so sei du auch allhier.
Will der Teufel auf mich blitzen,
wollst du trösten und beschützen.
Komm, in meinem Geist zu ruhn:
was du willst, das will ich thun.

7 Bin ich traurig und betrübet,
so gieb nur in meinen Sinn,
daß ich der Deine bin.
Las dein Wort mich feste gründen;
laß es auch mein Herz entzünden,
daß es voller Liebe brennt
und dich immer besser kennt.

8 Tröst auch andre fromme Seelen,
wenn sie tief in Kummer stehn,
wenn sie in verborgnen Höhlen,
Kammern, Feld und Wäldern gehn,
ihrem Kummer nachzusinnen,
daß sie satt sich Seele zu:
Liebes Kind, was trauerst du?

9 Kannst du bei der Welt nicht weilen,
ach, so nimm mich auch mit dir;
lazs mich deine Freuden theilen,
sei und bleibe stets bei mir.
Bleibe doch in unsrer Mitten,
wie dich deine Kinder bitten.
Dank sei dir, o lieber Gast,
daß du mich getröstet hast.

Text Information
First Line: Zween der Jünger gehn mit Sehnen
Author: Ludw. Neunherz, 1653-1737
Language: German
Publication Date: 1872
Topic: Ostern; Easter
Notes: Mel. Jesu, meines Lebens.
Tune Information
(No tune information)



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