Die Herrlichkeit der Erden

Representative Text

1 Den herrlichkeit der erden
Muß staub und asche werden,
Und nichts bleibt ewig stehn:
Das, was uns hier ergetzet,
Was man für ewig schätzet,
Wird als ein lechter traun vergehn.

2 Was sind doch alle sachen,
Die uns so trotzig machen,
Als rand und eitelkeit?
Was ist der menschen leben?
Stets mit gefahr umgeben,
Währt es nur eine kurze zeit.

3 Was hilft uns kunst und wissen?
Wied, wenn wir sterben müssen,
Dis noch ein vorzug seyn?
Was hilft uns macht und ehre,
Sop glänzend sie auch wäre?
Kan sie uns wohl alsdann erfreuen?

4 Wir bald wird das zerrinnen,
Was wir mit müh gewinnen;
Was unser fleiß erwirdt?
Kan wohl, was wir besitzen,
Uns vor dem tode schützen,
Stirbt nicht dis alles, wenn man stirbt?

5 Was sind die eitle freuden?
Wie blad folgt angst und leiden
Und reu auf den genuß?
Was ists womit wir prangen?
Wo wirs du ehr erlangen,
Die nicht zu letzt verschwinden muß?

6 Was sind selbst alle thronen?
Giebt es wohl irdsche kronen,
Die unverwelklich blühn?
Kan vor des grabes schrecken
Der purpur dich bedecken?
Die krone dich dem tod ertziehn?

7 Wie, wenn die sonn aufgehet,
Die rose blühend stehet
In ihre schönsten zier,
Und doch verwelke sich beuget,
Eb sich der abend zeiget;
So blühen und verwelken wir.

8 Froh wachsen wir auf erden,
Und hoffen groß zu werden,
Von schmerz und sorgen frey;
Doch in den schönsten tagen,
Noch eh wir früchte tragen,
Bricht uns des todes sturm entzwey.

9 Wir rechnen jahr auf jahre;
Inzwischen wird die bahre
Vor unser haus gebracht.
Man scheider von den seinen,
Die hülflos uns beweinen,
Und uns bedeckt des grabes nacht.

10 Dis laßt uns wohl bedenken,
Und uns zum himmel lenken,
Weil er uns offen steht.
Wer dahin will gelangen,
Darf an der welt nicht hangen,
Die enst mit ehre lust vergeht.



Source: Erbauliche Lieder-Sammlung: zum gottestdienstlichen Gebrauch in den Vereinigten Evangelische-Lutherischen Gemeinen in Pennsylvanien und den benachbarten Staaten (Die Achte verm. ... Aufl.) #551

Author: Andreas Gryphius

Gryphius, Andreas, was born Oct. 2, 1616, at Gross-Glogau, in Silesia. He was educated at the School at Fraustadt, Silesia, 1631-34, and the Gymnasium at Danzig, 1634-36. After being for some time family tutor in the house of Baron Georg von Schönborn, near Fraustadt (who crowned him as a poet in 1637), he was forced by the Counter Reformation in Silesia to find refuge in Holland. He matriculated as a student at Leyden in 1638, and was afterwards till 1643 University Lecturer. Thereafter he accompanied the son of a rich Stettin burgess and two Pomeranian noblemen in a tour through France, Italy, Holland, and South Germany, and then, in the end of 1647, settled in Fraustadt. In 1650 he was appointed syndicus of the principality of Glogau, a… Go to person page >

Text Information

First Line: Die Herrlichkeit der Erden
Author: Andreas Gryphius
Language: German
Notes: Polish translation: See "W spaniałość naszej ziemi" by Tadeusz Sikora
Copyright: Public Domain

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