1. Was willt du armer erdenklos,
So sehn mit hoffart prangen?
Dein elend ist zuviel und groß
Du bist in sünd empfangen,
Mit weh geboren auf die welt,
Weh dein ganz leben überfällt,
Mit weh mußt du von dannen.
2. Was zierest du den leib, das haus,
D'rinn alles siechthum stecket,
Und füllest ihn so zärtlich aus
Mit dem, was ihm wohl schmecket?
Weißt du denn nicht nach wenig tag',
Daß er muß sterben mit weklag',
Und ihn die würmer fressen?
3. Vielmehr die edle seele zier'
Mit buß' und guten werken;
Das himmelbrod ihr setze für,
Dadurch sie sich kann stärken.
Denn sie ist's, die ohn' allem tod,
Im himmel schweben soll vor Gott,
Und allen heil'gen engeln.
4. Warum pflegst du des fleisches wohl,
Und läßt die seel' verschmachten?
Ist's recht, daß man die magd jetzt soll
Mehr als die frau selbst achten?
Der geist führt sonst das regiment;
Bei dir ist solches umgewend't:
Das fleisch den geist regieret.
5. Gott selbst, der große Herr und held,
Des menschen seel' hochschätzet,
Und sie weit über alle welt
Und alle himmel setzet.
Denn, für wen hat er seinen SOhn,
Sein' höchste zierde, freud' und kron',
In kreuzespein gegeben?
6. Traun! nicht dem himmel, nicht der erd'
Ist dies zu gut ergangen;
Des menschen seel', s theu'r und werth,
Hat diese gnad' empfangen,
Die ist ein solch theu're pfand und gut,
Das ohne seines Sohnes blut
Nicht konnt' erlöset werden.
7. Ist deine seel' so hoch vor Gott,
Wie kannst du sie denn hassen,
Und wagen hin, als wär' es koth,
Den man find't auf der gassen?
Gedenk', daß Gottes liebster Sohn
Gestiegen von des himmels thron,
Sie hat vom tod errettet.
8. Denn als er sie aus schwerer schuld
Von teufel fand gebunden,
Und sie verdammet werden sollt'
Zur höllen alle stunden,
Für jammer ihm zerbrach sein herz,
Er weinte über ihrem schmerz,
Davon sie selbst nicht wußte.
9. Ja! was noch mehr, so ließ er sich
Um ihrentwillen tödten,
Errettet sie ganz kräftiglich
Aus allen ihren nöthen.
Sein blutschweiß war das lösegeld,
Das er, der Heiland aller welt,
Für sie baar ausgezahlet.
10. An dieses opfer denke recht,
Das für dich ist gegeben;
Die seele achte nicht so schlecht,
Thu' Gott nicht widerstreben.
Schau' doch, wie schwer war sie verwund't,
Da sie doch nichtes heilen kunnt',
Als Christi blut und striemen.
11. Wenn sie der satan nicht zu grund',
Der alles unglück stiftet,
Durch list, mit seinem lügenmund,
Bis auf den tod vergiftet,
So hätte Gottes Sohn den tod,
Und so viel marter, hohn und spott
Am kreuz' nicht dürfen leiden.
12. Darum, o mensch! verachte nicht
Das große, schwere leiden,
Das er für dich hat selbst verricht't,
Thu' alle bosheit meiden;
Schau' doch, wie sich so treulich hat
Des Sohnes Gottes mejestät
In noth dein angenommen.
13. Hilf, Gott! daß ich mein leben lang
Dies alles recht bedenke,
Für deine treu' dir lob und dank
In tiefster demuth schenke;
Daß ich von sünden trete ab,
Mein herz bei dir im himmel hab',
Nach meinem heil stets trachte.
Source: Kirchen-Gesangbuch: für Evangelisch-Lutherische Gemeinden #288
First Line: | Was willst du, armer Erdenkloß |
Author: | Johann Heermann |
Language: | German |
Copyright: | Public Domain |