104. Wie soll ich dich empfangen?

1 Wie soll ich dich empfangen?
und wie begegn ich dir?
O aller Welt Verlangen,
o meiner Seelen Zier!
O Jesu, Jesu, setze
mir selbst die Fackel bei,
damit was dich ergötze,
mir kund und wissend sei.

2 Dein Zion streut dir Palmen
und grüne Zweige hin,
und ich will dir in Psalmen
ermuntern meinen Sinn:
mein Herze soll dir grünen
in stetem Lob und Preis
und deinem Namen dienen,
so gut ich kann und weiß.

3 Was hast du unterlassen
zu meiner Trost und Freud?
Als Leib und Seele saßen
in ihrem größten Leid,
als mir das Reich genommen,
da Fried und Freude lacht,
da bist du, mein Heil, kommen
und hast mich froh gemacht.

4 Ich lag in schweren Banden,
du kommst und machst mich los;
ich stund in Spott und Schanden,
du kommst und machst mich groß,
und hebst mich hoch zu Ehren,
und schenkst mir großes Gut,
das sich nicht läßt verzehren,
wie irdisch Reichtum thut.

5 Nichts, nichts hat dich getrieben
zu mir vom Himmelszelt,
als dein geliebte Lieben,
damit du alle Welt
in ihren tausend Plagen
und großen Jammerlast,
die kein Mund kann aussagen,
so fest umfangen hast.

6 Das schreib dir in dein Herze,
du hochbetrübtes Heer,
bei denen Gram und Schmerze
sich häuft je mehr und mehr;
seid unverzagt, ihr habet
die Hülfe vor dir Thür:
der eure Herzen labet
und tröstet, steht allhier.

7 Ihr dürft euch nicht bemühen,
noch sorgen Tag und Nacht,
wie ihr ihn wollet ziehen
mit eure Armes Macht:
er kommt, er kommt mit Willen,
ist voller Lieb und Lust,
all Angst und Noth zu stillen,
die ihm an euch bewußt.

8 Auch dürft ihr nicht erschrecken
vor eurer Sündenschuld.
Nein! Jesus will sie decken
mit seiner Lieb und Huld.
Er kommt, er kommt den Sündern
zu Trost und wahrem Heil,
schafft, daß bei Gottes Kindern
verbleib ihr Erb und Theil.

9 Was fragt ihr nach dem Schrein
der Feind und ihrer Tück?
Ihr Herr wird sie zerstreuen
in einem Augenblick.
Er kommt, er kommt ein König,
dem wahrlich alle Feind
auf Erden viel zu wenig
zum Widerstande feind.

10 Er kommt zum Weltgerichte,
zum Fluch dem, der ihm flucht,
mit Gnad und süßem Lichte
dem, der ihn liebt und sucht.
Ach, komm, ach, komm, o Sonne!
und hol uns allzumal
zum ewgen Licht und Wonne
in deinen Freudensaal.

Text Information
First Line: Wie soll ich dich empfangen?
Author: P. Gerhardt, 1606-1676
Language: German
Publication Date: 1872
Topic: Advent
Notes: Mel. Valet will ich dir.
Tune Information
(No tune information)



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