471. Lasset ab, ihr meine Lieben

1 Lasset ab, ihr meine Lieben,
lasset ab von Traurigkeit.
Was wollt ihr euch noch betrüben?
weil ihr deß versichert seid,
daß ich alle Qual und Noth
überwunden, und bei Gott
mit den Auserwählten schwebe
voller Freud, und ewig lebe.

2 Derer Tod soll man beklagen,
die dort in der Höllen-Pein
müssen leiden alle Plagen,
so nur zu erdenken sein;
die Gott aber nimmt zu sich
in den Himmel, gleich wie mich,
und mit aller Wollust tränket:
wer ist, der sich darob kränket?

3 In des Herren Jesu Wunden
hab' ich mich geschlossen ein,
da ich Alles reichlich funden,
wodurch ich kann selig sein;
Er ist die Gerechtigkeit,
die vor Gott gilt jederzeit;
wer dieselb' ergreift im Glauben,
dem kann nichts den Himmel rauben.

4 Niemand sag', ich sey umkommen,
ob ich gleich gestorben bin,
mein Gott hat mich weggenommen.
Sterben ist jetzt mein Gewinn.
Vor dem Unglück hat Er mich
hingerafft so väterlich.
Jetzt kann mich kein' Trübsal pressen,
alle Angst ist nun vergessen.

5 Der Leib schläft in seiner Kammer
ohne Sorgen, sanft und wohl,
und verschlaft den großen Jammer,
dessen jetzt die Welt ist voll.
Meine Seele schauet an,
den, der nichts als lieben kann,
der auf seinen Schooß mich setzet
und mit höchster Freud' ergötzet.

6 In der Welt ist nichts zu finden,
als nur Theurung, Pest und Streit,
und was mehr die großen Sünden
bringen für Beschwerlichkeit.
Sonderlich kommt noch ein Schwert,
das der Christen Herz durchfährt.–
O! viel besser, selig sterben,
denn durch diesen Zwang verderben.

7 Solcher Noth bin ich entgangen,
nichts ist, das mich schrecken kann:
Fried' und Freud' hat mich umfangen,
kein Feind darf mich sprengen an.
Ich bin sicher ewiglich
in des Herren Hand, der mich
Ihm zum Eigenthum erworben,
da Er ist am Creuz gestorben.

8 Euch wird, meine liebsten Freunde.
die ihr weinet in der Welt,
schützen wider alle Feinde
Gottes Sohn der starke Held.
Seid und bleibt Ihm nur getreu;
seine Gnad ist täglich neu.
Wer Betrübte will betrüben,
der muß wie die Spreu zerstieben.

9 Nun ich will euch dem befehlen,
der sich euren Vater nennt,
der die Thränen pflegt zu zählen,
dem sein Herz vor Liebe brennt;
Der wird euch in eurem Leid
trösten, und zu seiner Zeit
an den Ort, da ich bin, führen,
und mit höchster Klarheit zieren.

10 Da wird uns der Tod nicht scheiden,
der uns jetzt geschieden hat,
Gott wird selbst uns alsdann weiden,
und erfreu'n in seiner Stadt.
Ewig, ewig werden wir
in dem Paradies allhier,
miteinander jubiliren
und ein Eng'lisch Leben führen.

Text Information
First Line: Lasset ab, ihr meine Lieben
Author: Joh. Heermann (1647)
Language: German
Publication Date: 1848
Topic: Gesänge über die Gläubige Betrachtung des Todes und der Ewigkeit; Contemplation of Death and Eternity
Notes: Mel. Zion klagt mit Angst und Schmerzen
Tune Information
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