1 Gesetz und Evangelium
sind beide Gottes Gaben,
die wir in unserm Christenthum
beständig nöthig haben;
doch bleibt ein großer Unterschieb
den nur ein solches Auge seht,
das Gottes Geist erleuchtet.
2 Was Gott in dem Geletz gebeut,
ist uns ins Herz geschrieben:
wir sollen nämlich jederzeit
Gott und den Nöchsten lieben.
Das aber Gott dieWelt geliebt,
und weinen Sohn für Sünder giebt,
das muß er selbst entdecken.
3 In dem Gesetz wird unsre Pflicht
uns erntstlich vorgetragen.
Das Evangelium kann nicht
als nur von Gnade sagen.
Jen's zeigt dir, was du thun sollst, an:
dies lehrt, was Gott an dir gethan;
jen's sordert, dieses schenket.
4 Was das Gesetz der Guts verspricht,
wir dir nicht zugewendet,
es sei denn, daß du deine Pflicht,
vollkommen hast vollendet,
Was Christi Gnade Guts verheißt,
wird dem, der gläubig sich erweist
frei und unsonst gegeben.
5 Wo das Gleich den Sünder findt,
da schlägt es ihn darnieder;
das Evangelium verbindt
und heilt die Wunden wieder;
jen's prodigt Sünde, Zorn und Fluch,
dies öffnet dir das Lebensbuch
in des Erlösers Wunden.
6 Jen's decket dir dein Elend auf,
dies saget von Erbarmen;
jen's schläget unbarmherzig drauf,
dies hebt und trägt die Armen
jen's zeigt und dräuet dir den Tod,
dies hilfet dir aus Tod und Noth
und bringt dir Geist und leben.
7 Was das Gesetz zu sagen hat,
gehört für rohe Herzen,
für Heuchler, die schon reich und satt,
die mit der Sünde scherzen.
Des Gnadenwortes Balsamöl
senkt sich in eine kranke Seel,
die elend und beladen.
8 Wenn das Gesetz den Zweck erreicht,
so hört es auf zu fluchen;
sein Zwang, sein Blitz, sein Drohen weicht,
wenn man will Gnade suchen.
Es treibt zum Kreuz des Mittlers hin;
wenn ich an diesen gläubig bin,
so hat der Trost kein Ende.
9 Mein Gott, laß diesen Unterschied
mich in der That erfahren;
laß Sündenangst mit Trost und Fried
sich in der Seele paaren.
Trieb mich, o Herr! durch dein Gesetz
in deiner Gnade holdes Netz
in des Erlösers Arme.
10 Gieb aus den Evangelio
wir Kräfte,dich zu lieben
und als dein Kind, das frei und froh,
mich in Gesetz zu üben;
gieb Gnade, daß ich meine Pflicht
mit Heiligkeit und Zuversicht,
in Lieb und Glauben leiste.
Source: Evang.-Lutherisches Gesangbuch #272