1 O Welt, sieh hier dein Leben
am Stamm des Kreuzes schweben,
dein Heil sinkt in den Tod.
Der große Fürst der Ehren
läßt willig sich beschweren,
mit Schlägen, Hohn und großem Spott.
2 Wer hat dich so geschlagen,
mein Heil, und dich mit Plagen
so übel zugericht'?
Du bist ja nicht ein Sünder,
wie wir und unsre Kinder,
von Übeltaten weißt du nicht.
3 Ich, ich und meine Sünden,
die sich wie Körnlein finden
des Sandes an dem Meer,
die haben dir erreget
das Elend, das dich schläget
und deiner schweren Martern Heer.
4 Ich bin's, ich sollte büßen
an Händen und an Füßen
gebunden in der Höll;
die Geißeln und die Bande,
und was du ausgestanden,
das hat verdienet meine Seel.
5 Du nimmst auf deinen Rücken
die Lasten, die mich drücken
viel schwerer, als ein Stein.
Du wirst ein Fluch, dagegen
verehrst du mir den Segen,
dein Schmerzen muß mein Labsal sein.
6 Du setzest dich zum Bürgen,
ja lässest dich gar würgen,
für mich und meine Schuld;
mir lässest du dich krönen
mit Dornen, die dich höhnen,
und leidest Alles mit Geduld.
7 Ich bin, mein Heil, verbunden
all Augenblick und Stunden
dir überhoch und sehr;
was Leib und Seel vermögen,
das soll ich billig legen
allzeit an deinen Dienst und Ehr.
8 Nun, ich kann nicht viel geben
in diesem armen Leben,
eins aber will ich tun:
es soll dein Tod und Leiden,
bis Leib und Seele scheiden,
mir stets in meinem Herzen ruhn.
9 Ich will's vor Augen setzen,
mich stets daran ergötzen,
ich sei auch, wo ich sei;
es soll mir sein ein Spiegel
der Unschuld und ein Siegel
der Lieb und unverfälschten Treu.
10 Ich will daraus studieren,
wie ich mein Herz soll zieren
mit stillem, sanftem Muth
und wie ich die soll lieben,
die mich doch sehr betrüben
mit Werken, so die Bosheit tut.
11 Wenn böse Zungen stechen,
mir Ehr und Namen brechen,
so will ich zähmen mich;
das Unrecht will ich dulden,
dem Nächsten seine Schulden,
verzeihen gern und williglich.
12 Ich will ans Kreuz mich schlagen
mit dir und dem absagen,
was meinem Fleisch gelüst';
was deine Augen hassen,
das will ich fliehn und lassen,
so viel mir immer möglich ist.
13 Dein Seufzen und dein Stöhnen,
und die viel tausend Tränen,
die dir geflossen zu,
die sollen mich am Ende
in deinen Schoß und Hände
begleiten zu der ewgen Ruh.
Source: Antwort Finden in alten und neuen Liedern, in Worten zum Nachdenken und Beten: evangelisches Gesangbuch (Bayern, Mitteldeutschland, Thüringen) #84
First Line: | O Welt, sieh hier dein Leben |
Author: | Paul Gerhardt |
Language: | German |
Notes: | Polish translation: See "Patrz, ṡwiecie, życie święte"; Swahili translation: See "Ulimwengu tazama" |
Copyright: | Public Domain |
Suggested tune: INNSBRUCK (NUN RUHEN ALLE)
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O Welt, sieh hier dein Leben. P. Gerhardt. [Passiontide.] First published in the 3rd edition, 1648, of Crüger's Praxis pietatis melica, No. 119, in 16 stanzas of 8 lines, reprinted in Wackernagel's edition of his Geistliche Lieder, No. 15; Bachmann's edition, No. 8, and included as No. 113 in the Unverfälschter Liedersegen, 1851. It is a thoughtful meditation on the Passion. Stanzas iii.-v. were favourites with J. S. Bach and used by him in his St. Matthew and St. John Passion Music . Translated as:—
1. Extended on a cursed tree. A free translation in L.M. of stanzas i., iii., iv., vi., viii.-xi., xvi., by J. Wesley, in Hymns & Sacred Poems , 1740 (Poetical Works, 1868-72, vol. i. p. 232), and thence, as No. 23, in the Wesleyan Hymn Book, 1780, and since in other hymnals of the Methodist family. Included in full, as No. 402, in the 1857 edition of Mercer's Church Psalter & Hymn Book (Ox. edition, 1864, No. 172, omitting the translation of stanza xi.). The translations of stanzas ix.-xi., xvi., beginning "My Saviour, how shall I proclaim," were included in the American Sabbath Hymn Book, 1858, and the Baptist Service of Song, Boston, U.S., 1871.
2. See, World, upon the bloody tree. A C.M. version by P. H. Molther of stanzas i.-x. as No. 118, in the Moravian Hymn Book, 1742, and thence, as No. 442, in pt. i. of the Moravian Hymn Book, 1754. In 1789, No. 96 (1886, No. 109) it is altered to "See, world, upon the shameful tree." In his Christian Psalmist, 1825, No. 280, Montgomery omitted the translation of stanzas ii., v., vi. In 1856, stanzas i., iii.—vi. were included in the Evangelical Union Hymn Book.
3. O, World! behold upon the tree. A good translation, omitting stanza vii., by Miss Winkworth, in the 2nd Ser., 1858, of her Lyra Germanica, p. 29, and thence in Schaff’s Christ in Song, edition 1869, p. 174. Her translation of stanzas i., iii.-v., xii., xv., xvi. were included, slightly altered, in the Hymnary, 1872, and that of stanzas xi.-xiii., xv., xvi. altered and beginning "Lord, be Thy Cross before our sight," in Kennedy, 1863.
Other translations are (1) "Here, World, see thy Redeemer." In the Supplement to German Psalmody, edition 1765, p. 16; in Select Hymns from German Psalmody, Tranquebar, 1754, p. 28. (2) "O World! attention lend it," by J. Gambold, as No. 442 in pt. i. of the Moravian Hymn Book, 1754. In 1789, No. 89, altered to "O World, see thy Creator" (1886, No. 94). (3) "O World! sec thy Life languish," by J. D. Burns, in the Family Treasury, 1859, pt. i. p. 54, and in his Memoir & Remains, 1869, p. 246. (4) “See, World! thy Life assailed," by J. Kelly, 1867, p. 54. (5) "Here, World, thy great Salvation see," by Dr. J. Guthrie, 1869, p. 87. (6) "O World! see here suspended," as No. 1009, in Reid's Praise Book, 1872. (7) "Behold. O World, thy Life, thy Lord," by Dr. R. Maguire, 1883, p. 143. [Rev. James Mearns, M.A.]
--John Julian, Dictionary of Hymnology (1907)