102. Laß deinen geist mich stets, mein Heiland, lehren

1 Laß deinen geist mich stets, mein Heiland, lehren,
Dein göttlich kreuz im glauben zu verehren,
Daß ich, getreu in dem beruf der leibe,
Mich christlich übe.

2 Das gute Thun, das böse fliehen und meiden,
Herr, diese Pflicht lehrt mich dein heilig leiden.
Wer konnte wohl das böse sich erlauben
Und an dich glauben?

3 Und sollt ich nicht, wenn leiden hier auf erden,
Wenn kreuz mich trist, gelaßnes herzenswerden,
Da du so viel für uns, die wird verschuldet,
Liebreich erduldet?

4 Für welche du dein leben selbst gelassen,
Wie könnt ich sie, sie, meine Brüder, hassen?
Und nicht, wie du, wenn sie mich untertreten,
Für sie noch beten?

5 Ich will nicht haß mit bittrem haß vergelten,
Wenn man mich schilt, nicht rächend wieder schelten;
Du Heiliger, du Herr und Haupt der Glieder,
Schaltet auch nicht wieder.

6 Ein reines herz, gleich deinem edlen herzen,
Dies ist der dank für deines Kreuzes schmerzen,
Und Gott giebt uns die kraft in deinem Namen,
Dir nachzuahmen.

7 Unendliche Glück! du littest uns zu gute;
Ich bin versöhnt in deinem teuren blute.
Du hast mir heil, da du für mich gestorben,
Am kreuz erworben.

8 Ja nun bin ich schon selig hier im glauben;
Nun wird mir nichts, nichts meine krone rauben;
Nun werd' ich dort von Herrlichkeit umgeben,
Einst ewig leben.

9 Gieb mir, daß ich stets deinen Pfad betrete,
Im glauben kämpf', im glauben wach' und bete,
Wie du, mein kreuz geduldig auf mich nehme,
Nie mich schäme.

10 Lockt böse lust mein herz mit ihrem reize,
So schrecke mich dein wort, das wort vom kreuze;
Und werd' ich matt im schaffen guter werke,
So sei mir's stärke.

11 Seh' ich dein kreuz den klugen dieser erden
Ein Ärgerniß und eine Torheit Werden:
So sei's doch mir, trotz alles frechen Spottes,
Die Weisheit Gottes.

12 Gott, eile nicht, sie rächend zu zerschmettern!
Erbarme dich, wenn einer von den Spöttern
Sich spät bekehrt, und dich, den er schmähet,
Um gnade fleket.

13 Wenn endlich, Herr, mich meine sünden kränken,
So laß dein kreuz mir wieder ruhe schenken!
Dein kreuz, dies sei, wenn ich den Tod einst leide,
Mir freid' und Freude.

Text Information
First Line: Laß deinen geist mich stets, mein Heiland, lehren
Author: Christian F. Gellert
Language: German
Publication Date: 1817
Topic: Vom Leiden und Tod Jesu (Passions Lieder): Verpflichtungen, die für uns aus Jesu Leiden fliessen
Notes: Mel. Herzliebster Jesu, was u.
Tune Information
(No tune information)



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