219. O du allersüßte Freude

1 O du allersüßte Freude,
o du allerschönstes Licht,
der du uns in Lieb und Leide
unbesucht lässest nicht:
Geist des Höchsten, höchster Fürst,
der du hältst und balten wirst
ohn Aufhören alle Dinge
höre, höre, was ich singe!

2 Du bist ja die beste Gabe,
die ein Mensch nennen kann;
wenn ich dich erwünsch und habe,
geb ich alles Wünschen d'ran,
Ach! ergieb dich, komm zu mir
in mein Herze, das du dir,
da ich in die Welt geboren,
selbst zum Tempel auserkoren.

3 Du wirst aus des Himmels Throne,
wie ein Regen ausgeschütt't,
bringst vom Vater und dem Sohne
nichts als lauter Degen mit.
Laß doch, o du werther Gast,
Gottes Segen, den du hast
und verwaltst nach deinem Willen,
mich an Leib und Seele füllen!

4 Du bist weis und voll Verstandes,
was geneim ist, ist dir kund,
zählst den Staub des kleinen Sandes,
gründst des tiefen Meeres Grund:
nun du weißt auch Zweifels frei,
wie verderbt und blind ich sei;
D'rum gieb Weisheit, und vor allen,
wie ich möge Gott gefallen.

5 Du bist hielig, läß'st dich finden,
wo man rein und sauber ist,
fleuchst hingegen Schaud und Sünden,
wie die Tauben rein du bist:
mache mich, o Gnadenquell,
durch dein Waschen rein und hell;
laß mich fliehen, was du fliehest,
gieb mir, was du gerne siehest.

6 Du bist, wie ein Schäflein pfleget,
frommes Herzens, saften Muths,
bleibst im Lieben unbeweget,
thust uns Bösen alles Guts:
ach! verleih, und gieb mir auch
diesen edlen Sinn und Brauch,
daß ich Freund und Feinde liebe,
keinen, den du liebst, betrübe.

7 Mein Hort, ich bin wohl zufrieden,
wenn du mich nur nicht verstößst;
bleib ich von dir ungeschieden,
ei, so bin ich g'nug getröst't.
Laß mich sein dein Eigenthum;
ich versprech hinwiederum,
hier und dort all mein Vermögen
dir zu Ehren anzulegen.

8 Ich entsage alle deme,
was dir deinen Ruhm benimmt;
ich will, daß mein Herz annehme
nur allein, was von dir kömmt.
Was der Satan will und sucht,
will ich halten als verflucht,
ich will seinen schnöden Wegen
mich mit Ernst zuwider legen.

9 Nur allein, daß du mich stärkest,
und mir treulich stebest bei.
Hilf, mein Helfer, wo du merkest,
daß mir Hülfe nöthig sei;
brich des bösen Fleisches Sinn,
nimm den alten Willen hin,
mach ihn allerdinges neue,
daß sich mein Gott meiner freue.

10 Sei mein Retter, halt mich eben;
wenn ich sinke, sei mein Stab;
wenn ich sterbe, sei mein Leben;
wenn ich liege, sei mein Grab;
wenn ich wieder aufersteh,
ei, so hilf mir, daß ich geh
hin, da du in ew'gen Freuden
wirst die Auserwählten weiden.

Text Information
First Line: O du allersüßte Freude
Author: Paul Gerhardt, 1606-1676
Language: German
Publication Date: 1872
Topic: Pfingsten; Pentecost
Notes: Mel. Freu dich sehr.
Tune Information
(No tune information)



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